Geheimhaltungsbedürfnis der Arbeitgeber schwächt Whistleblowerschutz und demokratischen Diskurs

Das Misstrauen gegenüber Whistleblowern und das Geheimhaltungsbedürfnis von privaten und öffentlichen Arbeitgebern ist nach wie vor groß, wie die Aussagen von wirtschaftsnahen Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung des Bundestags-Rechtsausschusses und die restriktiven Regelungen für Offenlegungen und Whistleblowing aus dem Geheimschutzbereich im Regierungsentwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz verdeutlichen.

Dabei wäre es im Interesse der Arbeitgeber und der Regierung, Whistleblower zu ermutigen, frühzeitig auf Missstände und Fehlentwicklungen hinzuweisen, bevor der Schaden für Unternehmen und Gesellschaft zu groß wird. Statt den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes, wie von Wirtschaftsverbänden gefordert, einzuschränken, sollte der Gesetzgeber ihn daher auf sonstiges erhebliches Fehlverhalten, etwa ethisch fragwürdige Handlungen oder erhebliche Missstände unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße, erweitern. Whistleblower weisen durch ihre Hinweise auf Regelungslücken und grundlegende Fehlentwicklungen hin.

Die Missstände beim rbb zeigen beispielhaft, dass auch die Regelungen zum Öffentlichen Whistleblowing im Gesetzentwurf viel zu restriktiv sind, weil sie Offenlegungen nur in sehr eng definierten Ausnahmefällen schützen, u.a. bei einer „unmittelbare[n] oder offenkundige[n] Gefährdung des öffentlichen Interesses“ (§ 32 HinSchG-E). „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung sollte vor anderen geschützten Interessen Vorrang haben, sofern sie eine das öffentliche Interesse wesentlich berührende Frage betrifft. Oder wollte irgendjemand ernsthaft in Frage stellen, dass die durch einen Whistleblower angestoßene Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an die Öffentlichkeit gehört?“, so Annegret Falter,  Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk und Sachverständige in der öffentlichen Anhörung des Bundestags-Rechtsausschusses.

Weiterhin wird an der Vorgabe der EU-Whistleblowing-Richtlinie zur Gleichrangigkeit von internem und externem Whistleblowing noch herumgedeutelt. Anders als von wirtschaftsnahen Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung des Bundestags-Rechtsausschusses suggeriert, plädiert die EU-Richtlinie keinesfalls für einen Vorrang von internem Melden gegenüber externem Melden. Der europäische Gesetzgeber hat sich bewusst für eine Gleichrangigkeit von internem und externem Whistleblowing entschieden, wie u.a. die ehemalige EuGH-Richterin Prof. Dr. Ninon Colneric bereits mehrfach dargelegt hat. Ein Whistleblower kann i.d.R. am besten einschätzen, welcher Meldeweg in seinem konkreten Fall der vielversprechendste ist.

Aber nicht nur bei den privaten, sondern auch bei den öffentlichen Arbeitgebern scheint das Misstrauen gegenüber Whistleblowern tief verankert zu sein. Daher plant die Bundesregierung beträchtliche Teile der öffentlichen Verwaltung gegen Whistleblowing zu „immunisieren“. So ist die Meldung von Missständen im Geheimschutzbereich im Regierungsentwurf weitgehend vom Schutzbereich des Gesetzentwurfes ausgenommen, der Bereich der nationalen Sicherheit sogar vollständig (§ 5 HinSchG-E). Die Entscheidung darüber, welche Sachverhalte so der parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle entzogen wird, obliegt weitgehend der Exekutive.

„Das Geheimhaltungsbedürfnis der Bundesregierung und ihrer Behörden scheint wieder einmal deutlich größer als der Wunsch, dass Missstände in den eigenen Reihen aufgedeckt und beseitigt werden. Staatliche Geheimhaltung ist aber nur dann akzeptabel, wenn sie legal ist und dem Gemeinwohl dient“, kritisiert Annegret Falter in der öffentlichen Anhörung des Bundestags-Rechtsausschusses.

Insgesamt stellt der vorgelegte Regierungsentwurf für ein Hinweisgeberschutzgesetz zwar eine Verbesserung gegenüber dem Status quo dar, wird aber der Bedeutung von Whistleblowern für Demokratie und Rechtsstaat nicht gerecht. Nun liegt es in der Hand der Parlamentarier, hier für die notwendigen, deutlichen Nachbesserungen zu sorgen.

Weitere Informationen:

Kontakt
WBN – Whistleblower-Netzwerk e.V.
Kosmas Zittel, Geschäftsführer
zittel@whistleblower-net.de
Tel: +49 162 7393651

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