Bloße Pflichterfüllung statt Vorreiterrolle

Die notwendige nationale Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie (HinSch-RL) erfolgte in Deutschland weitgehend durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Aufgrund des Durchgriffsverbots in Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 des Grundgesetzes liegt es allerdings in der Verantwortung der Bundesländer, die Einrichtung interner Meldestellen durch die Gemeinden und Gemeindeverbände und solche Beschäftigungsgeber, die im Eigentum oder unter der Kontrolle von Gemeinden oder Gemeindeverbänden stehen, durch Landesgesetze zu regeln.

Whistleblower-Netzwerk (WBN) wurde von der Landtagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen in Nordrhein-Westfalen (NRW) gebeten, eine Stellungnahme für die schriftlichen Anhörung des Rechtsausschusses am 6. Dezember 2023 zum Entwurf der Landesregierung für ein „Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) und zur ergänzenden Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, sowie zur Änderung des Landesbeamtengesetzes“ (Drucksache 18/5468) abzugeben.

Naturgemäß kann der vorliegende Entwurf für ein Landesgesetz die Mängel des (nationalen) Hinweisgeberschutzgesetzes nicht beheben. Der Landesgesetzgeber könnte jedoch zumindest in seinem Kompetenzbereich bessere Rahmenbedingungen für Whistleblower schaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf reicht dafür nicht aus. Insbesondere bemängelt Whistleblower-Netzwerk, dass

  • der Gesetzentwurf Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner*innen von der Pflicht zur Einrichtung von internen Meldestellen ausnimmt. Die in der Gesetzesbegründung angeführte „ressourcenschonende und effektive“ Umsetzung des Hinweisgeberschutzes im kommunalen Raum ließe sich dadurch erreichen, dass mehrere kleinere Gemeinden gemeinsam eine interne Meldestelle betreiben („Pool-Lösung“);
  • größere kommunale Beschäftigungsgeber in NRW interne Meldestellen gemeinsam betreiben dürfen. Dies stellt einen Verstoß gegen die Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie dar. Wegen einer entsprechenden Passage im nationalen Hinweisgeberschutzgesetz hat Whistleblower-Netzwerk bereits Beschwerde bei der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingelegt;
  • interne Meldestellen der Behörden und Gemeinden des Landes keine anonymen Kommunikationskanäle für Whistleblower einrichten müssen und es keine Verpflichtung zur Teilnahme an regelmäßigen Schulungen für die dort Beschäftigten gibt;
  • dass der Hinweisgeberschutz nicht zumindest für die Beschäftigen der Behörden und kommunalen Arbeitgeber des Landes Nordrhein-Westfalens auf erhebliches Fehlverhalten oder schwerwiegende Missständen unterhalb der Schwelle eindeutiger Rechtsverstöße und behördliche Verschlusssachen ausgeweitet wird.

Statt sich wie vorliegenden Gesetzentwurf auf eine Umsetzung der Minimal-Vorgaben der EU-Whistleblowing-Richtlinie und des Hinweisgeberschutzgesetzes zu beschränken, könnte Nordrhein-Westfalen durch Nachbesserungen am Gesetzentwurf und flankierende Maßnahmen eine Vorreiterrolle beim Hinweisgeberschutz einnehmen. Dadurch würde es nach innen und nach außen signalisieren, dass Missstände (in den eigenen Reihen) aufgedeckt und beseitigt werden sollen.

WBN-Stellungnahme
Gesetzentwurf

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