Die inhumane Inhaftierung Bradley Mannings

Während für Julian Assange nach etwas über einer Woche, die er zum Teil in Isolation verbringen musste eine Chance zu bestehen scheint, dass er bald auf Kaution – wenn auch unter scharfer Überwachung – freigelassen wird, wird der Bradley Manning ohne Prozess und ohne Verurteilung seit mehr als sieben Monaten im US-Militärgefängnis in Quantico Virginia festgehalten. Nach dem Bericht von Glen Greenwald bei Salon muss Manning täglich 23 Stunden isoliert in seiner Zelle verbringen, hat noch nicht einmal ein Bettlaken zur Verfügung. Selbst sportliches Training wird ihm verweigert. Um dies durchzusetzen steht er unter ständiger Beobachtung. Dies alles obwohl er weder durch Gewalt noch durch Selbstmordgefahr auffällig geworden ist.

Greenwald erläutert darüber hinaus die wissenschaftlich untersuchten Folgen derart lang andauernder Isolationshaft: Depressionen, psychische Langzeitschädigungen bis hin zu nachweisbaren physischen Veränderungen im Gehirn. Er bringt es auf den Punkt: Lange Isolationshaft ist Folter.

In seinem hervorragenden Artikel erläutert Greenwald anhand von Zitaten aus den von Wired veröffentlichen Chats zwischen Manning und Lamo auch die Motive Mannings der anlässlich der Veröffentlichung des Collateral Murder Videos durch Wikileaks sagte : „Gott weiß was nun passieren wird – hoffentlich eine weltweite Diskussion, Debatten und Reformen – wenn nicht dann sind wir dem Untergang geweiht – als Menschheit – ich werde jeden Glauben an die Gesellschaft aufgeben wenn nichts passiert … Ich will dass die Menschen die Wahrheit sehen können … völlig egal, jedermann … weil es ohne Informationen keine informierten Entscheidungen der Öffentlichkeit geben kann.“ Es ging Manning also keineswegs darum nur Klatsch zu verbreiten, er wollte den Verrat der Regierenden an den Werten der amerikanischen Verfassung ihre Korruption, die Brutalität und Illegalität ihres Handelns aufdecken. Als Whistleblower, ganz in der Tradition Daniel Ellsbergs (der dies übrigens selbst ganz genauso beurteilt und zur Unterstützung und Spenden für Bradley Manning aufruft).

Am Schluss des Artikels von Greenwald findet sich eine Erklärung für die Reaktion der US-Behörden: Der Wille ein Klima von Angst und Einschüchterung zu erzeugen!

Spätestens hier wird die Parallele zu einer Aussage von Stanley Milgram – dem Erfinder des berühmten Milgram Experiments – deutlich. In seinem Buch „Obedience to Authority“ schließt Milgram aus seiner Forschung, dass es für Organisationen normaler Weise recht unproblematisch ist, wenn jemand seine Aufgaben nicht erfüllt. Er wird ersetzt. Demgegenüber stellt es eine enorme Gefahr für Organisationen dar, wenn sie und ihr Handeln von eigenen Angehörigen in Frage gestellt wird, da ein einsamer Abtrünniger andere stimulieren kann. Jener muss daher isoliert oder hart bestraft werden um Nachahmung zu vermeiden. Organisationen begünstigen daher etwas, was Milgram nachweisen konnte: Menschen geben ihre Humanität auf, wenn sie sich als Rädchen ins Getriebe von Organisationen, in Strukturen von Befehl und Gehorsam einpassen lassen. Ganz ähnlich wie Manning im oben angeführten Zitat beschrieb dies schon Milgram als „eine Gefahr die der Menschheit auf längere Sicht nur eine geringe Überlebenschance einräumt“.

Wozu Kontrolle, Einschüchterung und Angst als Methode der Ausübung politischer Macht führen, hat u.a. George Orwell in 1984 eindrucksvoll beschrieben. Es geht derzeit um kaum weniger als darum, ob Wahrheit weiter von Ministerien in den USA und anderswo definiert werden soll. Wer in solch einer Gesellschaft leben will, mag. um es mit einem Liedtext von Herbert Grönemeyer zu sagen „gemütlich weiter grasen“. In diesem Sinne: Jetzt oder nie!

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