Warum es in unserem eignen Interesse liegt, uns für Julian Assange einzusetzen

Rede auf einer Kundgebung von Diem25

Am 2. Mai fand der „Wir sind alle Julien Assange“-Protest vor dem Brandenburger Tor in Berlin statt.

Wenn das Volk etwas nicht wissen soll, dann gibt es dafür einen Grund – aber meistens keinen guten.

So muss seit März die CIA nicht mehr jährlich veröffentlichen, wie viele Zivilisten sie bei Drohnenangriffen getötet haben. Die Hinrichtungen von vermeintlichen Terroristen ohne rechtsstaatliches Verfahren wurden bereits unter der Obama-Administration betrieben. Jetzt bleiben die „Kollateralschäden“ also (wieder) geheim.
Die Tötung von Zivilisten hält die US-Regierung überhaupt gern geheim. Die jahrelange Lüge der Bush und Obama-Regierungen, dass ihr keine Zahlen über die zivilen Opfer des Irak-Krieges vorlägen, wurde erst durch die Veröffentlichung der US Diplomatic Cables bei WikiLeaks aufgedeckt. Es waren 66.000, mehr als die Hälfte aller Opfer.

Die letzte Dekade ist weltweit gezeichnet von Angriffen auf Menschenrechte und Verstößen gegen das Völkerrecht.
Sie ist auch gekennzeichnet durch die Zunahme von Geheimhaltung.

Andererseits ist Geheimhaltung aufgrund der digitalen Möglichkeiten sehr viel schwieriger geworden. Kein Politiker, kein Dax-Vorstand kann mehr sicher sein, dass tatsächlich geheim bleibt, was von öffentlichem Belang wäre und er oder sie dringend geheim halten möchten. – Dank WikiLeaks. Mit Wikileaks und Julian Assange wurden die Möglichkeiten, die das Internet bietet, konsequent in den Dienst von Transparenz gestellt.
Jeder und jede kann Dokumente anonym schicken, sie werden geprüft und kontextualisiert, aber nicht zensiert. Benutzer der Seite können darunter finden, was sie wissen wollen – dank einer ausgefeilten Suchtechnik. Pannen wurden nicht bekannt und – ich sage das hier ausdrücklich – Personen kamen nicht zu Schaden, entgegen aller weitverbreiteten Propaganda (vgl. Manning-Prozess).

Die 700.000 Dokumente, die bei WikiLeaks Dank des WB Chelsea Manning 2010 veröffentlicht werden konnten – darunter das Video „Collateral Murder“ über die Tötung eines Dutzend Zivilisten und Journalisten durch eine feixende Helikopter Crew, bewirkten geradezu einen Dammbruch. Es folgten die Enthüllungen von Edward Snowden, die Panama Papers, Lux Leaks und Hunderttausende anderer Dokumente. Informationen, die in Politik und Wirtschaft unter scheinbar hermetischem Geheimschutz gespeichert waren, gelangten zunehmend an die Öffentlichkeit.
Will jemand ernsthaft bestreiten, dass die Veröffentlichung der o.g. Informationen im öffentlichen Interesse lag, in unser aller Interesse?
Aber deswegen und nur deswegen wird Julian Assange gejagt; wurde Chelsea Manning während ihrer Haft und während ihres Kriegsgerichtsprozesses unfassbar gedemütigt und Edward Snowden vertrieben.

Dabei geht es nur vordergründig um die Diskreditierung und Zerstörung sowohl von Julian Assange als Person wie auch von Wikileaks als journalistischem Medium. Es geht um Einschüchterung und Abschreckung von WB und Journalisten. Die Einsicht ist inzwischen weit verbreitet. Aber warum dieser Furor und der unglaubliche Aufwand?
Im Kern geht es um die Bewahrung der Herrschaftsgeheimnisse.

Die Geheimhaltung bedarf in demokratischen Staaten der Legitimation, nicht die Meinungsfreiheit.
Es ist an uns zu verhindern, dass unser aller Grundrecht auf Information und freie Meinungsäußerung weiter eingeschränkt werden.
Wir müssen laut anprangern, worum es wirklich geht. Nicht um einzelne Whistleblower und Journalisten. Es geht um die Möglichkeiten der Täuschung, der Verschleierung, der Fake News: Um die Möglichkeit zur störfallfreien Geheimhaltung.
Es ist an uns, Geheimhaltung immer wieder öffentlich zu hinterfragen und zu delegitimieren.

Assange ist kein Whistleblower, er ist Journalist. Diese Rollen werden gern vermengt, genießt der Journalist doch deutlich mehr Schutz als der WB und hat seinerseits ein Recht auf Informantenschutz. Aber auch die Journalisten sind ein Dorn im Auge unserer Geheimnisträger, auch die Pressefreiheit ist gemeint, wenn Assange weggesperrt wird.

Schon 2010 veröffentlichte WikiLeaks lustiger Weise eine Art Brainstorming-Papier der CIA, in dem es darum ging, wie man Wikileaks am besten unglaubwürdig und lächerlich machen könne, wie man Assange eine Falle stellen, z.B. falsche Dokumente unterjubeln könne.
Es ist müßig, darüber zu spekulieren, wie weit die Amerikaner oder ihre Verbündeten in der Folge gegangen sind, um diesem Ziel näher zu kommen.

Aber es ist an uns es ihnen schwer zu machen, dass sie es nun mit Auslieferung von Julian Assange in die USA, tatsächlich erreichen.

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