Rudolf Schmenger

Rudolf Schmenger

Als Steuerfahnder in Frankfurt/Main erzielt Rudolf Schmenger beachtliche Fahndungserfolge gegen Großbanken. Er wehrt sich gegen eine Amtsverfügung, die die Aufnahme von Ermittlungen stark einschränkt, und erhebt Einwände bei seinen Dienstvorgesetzten. Zusammen mit drei Kollegen wird er mittels einer vorsätzlich falschen psychiatrischen Diagnose zwangspensioniert. Der Fall beschäftigt später zwei Untersuchungsausschüsse des Hessischen Landtags. Heute arbeitet er als Steuerberater und Dozent.

Was wurde aufgedeckt und worin bestand das öffentliche Interesse?

Rudolf Schmengers Einheit bei der Frankfurter Steuerfahndung ermittelt erfolgreich in Fällen, in denen Großbanken Gelder verschiedener Klienten in Sammelbeträgen anonymisiert in ausländische Steueroasen transferieren. Allein 1996 stoßen die Fahnder auf Steuerhinterziehungen in Höhe von mehr als 160 Millionen DM.

Im Jahr 2001 werden die Steuerfahnder durch eine Amtsverfügung ausgebremst. Ein „Anfangsverdacht“ für steuerstrafrechtliche Ermittlungen gilt nur noch, wenn es sich um Summen von über 300.000 DM (Einzeltransfers) bzw. 500.000 DM insgesamt handelt. Zudem sollen Verfahren trotz laufender Ermittlung an andere Veranlagungsämter abgegeben werden. Begründet wird dies damit, dass es zu viele Fälle für zu wenige Beamte gäbe. Rudolf Schmenger und sein Team befürchten, dass in der Folge erhebliche Steueransprüche nicht mehr durchgesetzt werden können. Sie argwöhnen, dass mit der Amtsverfügung bestimmte Personen oder Parteien geschützt und außerdem der Finanzplatz Frankfurt/Main gestärkt werden sollen. Der damalige Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) weist derartige Vermutungen bis heute weit von sich.

Was hat der Whistleblower unternommen?

Rudolf Schmenger wendet sich mit seinen fachlichen Einwänden zunächst an seinen Dienstvorgesetzten und als dies nicht bewirkt an den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, dessen Finanzminister Karlheinz Weimar und den Petitionsausschuss des Landtags. Ohne Erfolg. Als er bei seinem Dienstherrn eine Aussagegenehmigung für eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft beantragt, wird ihm diese verweigert.

Was waren die Folgen für den Whistleblower?

Gegen Rudolf Schmenger wird ein disziplinarisches Vorermittlungsverfahren eingeleitet. Als sich die Vorwürfe vor Gericht als haltlos erweisen, wird er versetzt. Seine Abteilung wird aufgelöst. Ende 2006 wird er für dienstunfähig erklärt und zwangspensioniert. Der Gutachter diagnostiziert ihm mit Vorsatz fälschlicherweise eine irreversible „paranoid-querulatorische Entwicklung“ sowie mangelnde Einsicht in seinen Gesundheitszustand. Drei Kollegen von Rudolf Schmenger werden aufgrund von teilweise wortgleichen Gutachten ebenfalls in den Ruhestand versetzt.

2009 wird der Gutachter zu einer Geldbuße verurteilt, weil er laut Gericht die Standards für psychiatrische Begutachtungen mit Vorsatz nicht eingehalten hat. 2015 folgt seine letztinstanzliche Verurteilung zu Schadensersatzzahlungen an die vier betroffenen Steuerfahnder. Eine universitäre psychiatrische Begutachtung hatte Rudolf Schmenger bereits kurz nach seiner Versetzung in den Ruhestand volle psychische Gesundheit attestiert. Körperlich setzt ihm der Druck dagegen zu. Sein angeborenes Nierenleiden verschlimmert sich und er erleidet einen Bandscheibenvorfall.

2015 wird Rudolf Schmenger in letzter Instanz juristisch rehabilitiert. Einige Jahre später erzielt er eine einvernehmliche Einigung mit dem hessischen Finanzministerium.

Was waren die gesellschaftlichen Folgen?

Öffentliche Empörung und die überfällige parlamentarische Befassung führen zu zwei Untersuchungsausschüssen des Hessischen Landtags. Während die Oppositionsparteien weiter von einem schuldhaften Verhalten ausgehen, halten CDU und FDP die Vorwürfe für widerlegt. Die Amtsverfügung sei zur Abarbeitung der Restverfahren sinnvoll gewesen und habe weder zu Vereitelung von Strafverfolgung noch zu Steuerausfällen geführt. Systematisches Mobbing habe es in der Finanzverwaltung nicht gegeben. Keiner der damaligen Verantwortlichen in der Finanzverwaltung wird zur Rechenschaft gezogen.

Unser Newsletter

Wollen Sie über Neuigkeiten auf dem Laufenden gehalten werden?

Unterstützen Sie uns!