Whistleblower-Netzwerk fordert effektiven gesetzlichen Whistleblowerschutz

BDI-Präsident Thumann fordert die „Einrichtung anonymer Beschwerdestellen in Betrieben“, vergisst aber nicht die Attribute „freiwillig“ und „besonders bei Korruption“ hinzuzufügen. Solche Stellen werden von der OECD seit langem empfohlen – der „Deutsche Corporate Governance Kodex“ hat diese Empfehlungen aber bisher nicht aufgenommen.

Telekom-Chef Obermann scheint auf Grund seiner aktuellen Erfahrungen bereit für einen weiteren Erkenntnis-Schritt. Die Telekom besitzt bereits ein freiwilliges anonymes Hinweisgebersystem, aber der Chef ermuntert jetzt die Mitarbeiter ausdrücklich, in kritischen Fällen nicht zu schweigen, sondern Hinweise weiterzugeben. Obermann fordert einen „Kulturwandel im Denken“. Demgegenüber ist der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände noch in alten Denkmustern von „Denunziantentum“ und „Nestbeschmutzern“ verfangen und lehnt selbst die aus unserer Sicht zaghaften Pläne dreier Bundesministerien zur Einführung eines § 612a BGB ab.

Das Whistleblower-Netzwerk stimmt mit René Obermann und anderen darin überein, dass wir diesen Kulturwandel brauchen. Hierfür sind aber klare gesetzliche Signale notwendig, die einen effektiven und praxistauglichen Schutz von Whistleblowern vor Repressalien festschreiben. Guido Strack, Vorsitzender des Whistleblower-Netzwerks e.V.: „Whistleblower müssen auch die Gewissheit haben, mit ihren Anliegen nicht auf das Wohlwollen der Führungsetagen angewiesen zu sein. Hier aber liegt letztlich die Schwäche sowohl der gegenwärtigen Hinweisgebersysteme in der Wirtschaft, als auch des aktuellen Vorschlages zu § 612a BGB.“

Hinweise auf Korruption, Missstände, Gefahren für Mensch und Umwelt oder Risiken neuer Technologien erfolgen nur dort im nötigen Umfang, wo der Hinweisgeber genügend Vertrauen in die Unabhängigkeit, die Handlungsfähigkeit und den Handlungswillen des Adressaten hat. Vertrauen aber kann nicht vorgeschrieben, sondern muss verdient werden. Daher plädiert Whistleblower-Netzwerk für ein Wahlrecht des Whistleblowers zwischen der Information einer internen oder einer zuständigen außerbetrieblichen Stelle und dessen Verankerung in § 612a BGB. Guido Strack: „Im Falle eines Wahlrechts hätten die Whistleblower ein wesentlich kleineres Risiko und die Firmen müssten sich darum bemühen Hinweisgebersysteme so auszugestalten, dass sie nicht nur für die Geschäftsführung, sondern auch für die Beschäftigten attraktiv sind.“

Weitere Vorteile einer Wahlfreiheit stellt Whistleblower-Netzwerk e.V. in einem ausführlichen Positionspapier zu § 612a BGB ebenso dar wie die größten Schwachpunkte des Vorschlages der Bundesministerien. Schon bei der Bundestagsanhörung am 4.6.2008 war offensichtlich geworden, dass dieser sich im Wesentlichen in der Kodifikation einer „Maulkorbentscheidung“ des Bundesarbeitsgerichts erschöpft und mehr Unklarheiten bringt als beseitigt.

Das Whistleblower-Netzwerk setzt sich in 10 Thesen zum Whistleblowing und 10 Elementen für einen effektiven gesetzlichen Whistleblowerschutz grundsätzlich mit diesen Themen auseinander. Darin wird etwa auch auf die Notwendigkeit von Beratungsmöglichkeiten und eines – in den Niederlanden schon beschlossenen – Hilfsfonds für Whistleblower hingewiesen. Als nächsten Schritt will der Verein auf all jene zugehen, die sich ebenfalls für einen effektiven Informantenschutz einsetzen wollen. Guido Strack: „Wir werden den Kontakt mit der Deutschen Telekom AG und all jenen Unternehmen suchen, die hier wirklich etwas ändern wollen.“

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