Durchbruch in Brüssel

© NakNakNak auf Pixabay

Eine europaweite Harmonisierung des Whistleblower-Schutzes ist in Sicht: Der Trilog zwischen Kommission, Parlament und Rat zur Richtlinie „zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“, konnte rechtzeitig vor den anstehenden EU-Wahlen erfolgreich abgeschlossen werden. Künftig genießen die mutigen Verteidiger*innen des Gemeinwohls den Schutz, den sie verdienen.

Der bis zuletzt strittige Punkt war die von der EU-Kommission vorgeschlagene Hierarchie der Meldewege, die bedeutet hätte, dass Hinweisgeber*innen in ihrem betrieblichen und behördlichen Umfeld zunächst 3 Monate lang auf eine interne Reaktion auf ihre Meldung von Missständen hätten warten müssen, bevor sie sich z.B. an die Staatsanwaltschaft oder andere externe Behörden hätten wenden dürfen. Damit wäre die Urteilskraft und Entscheidungsfreiheit von Whistleblowern zugunsten einer starren, unflexiblen Lösung hintangestellt worden.

Bis zuletzt haben zivilgesellschaftliche Akteure versucht, auf die Bedeutung eines effektiven Whistleblower-Schutzes in Europa hinzuweisen. Die Online-Kampagnen “Voices of Justice” und WeMove.eu sowie das virale Video unter dem Hashtag #thetruthneedsfriends sammelten in kürzester Zeit hunderttausende Unterschriften von Unterstützer*innen. Unser internationales Partnernetzwerk WIN war unermüdlich darum bemüht, den verhandelnden Institutionen in Brüssel sowie 28 Justizminister*innen der EU Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Die Initiative “Making Whistleblowing work for Europe” (ein Aktionsbündnis von 75 NGOs, dem u.a. wir angeschlossen sind) erinnerte mit einem offenen Brief die Verhandlungspartner*innen an das eigentliche Ziel der Richtlinie: eine Verbesserung der Rechtssicherheit für Whistleblower, keine Verschlimmbesserung.

Einige Mitgliedsstaaten, unter ihnen Frankreich und Deutschland, die sich bis zuletzt gegen den Parlamentsentwurf gewandt hatten, begannen unter dem anhaltenden Druck der zivilgesellschaftlichen Akteure ihre Positionen zu überdenken. Annegret Falter, Vorstandsvorsitzende von Whistleblower-Netzwerk, war in diesem Prozess Ansprechpartnerin für die hiesigen Medien. Gegenüber Spiegel Online warnte sie vor dem „enormen Einschüchterungseffekt“, den der Vorrang interner Meldekanäle erzeugen würde. Im Namen von Whistleblower-Netzwerk wandte sie sich mit einem eindringlichen Appell an Bundesjustizministerin Barley und an die Verhandlungsführer*innen in Brüssel.

Zum Schluss siegte die Vernunft. Der interne Meldeweg, den nach Studien in England und den USA ohnehin zwischen 85 und 95 Prozent der Beschäftigten beschreiten, bildet keine zwingende Voraussetzung, um gesetzlichen Schutz zu genießen. Whistleblower sollen von nun an selbst entscheiden dürfen, ob sie sich intern oder z.B. an Strafverfolgungs- oder Aufsichtsbehörden wenden. Unter bestimmten Bedingungen ist nun auch der Gang an die Öffentlichkeit geschützt. Zudem soll die Beweislast, dass Whistleblower nach ihrer Offenlegung intern unter Druck gesetzt und drangsaliert wurden, nicht mehr bei ihnen selbst, sondern beim Arbeitgeber liegen.

Das ist ein erheblicher Fortschritt insbesondere für Länder wie Deutschland, die bislang keine umfassenden gesetzlichen Regelungen zum Whistleblower-Schutz haben. Wir sind gespannt, wie Deutschland die Vorgaben der Richtlinie in ein nationales Whistleblower-Schutz-Gesetz umsetzt.

Für Rückfragen: Annegret Falter, falter@whistleblower-net.de +49 170 2965660

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