Revisionsverfahren Deltour: Whistleblowing – eine Frage des Gemeinwohls, nicht der Motivation

Antoine Deltour, 3. v. r.
CC-BY-SA 4.0 Ato Grosso

An diesem Donnerstag, den 11. Januar, fällt die Entscheidung im Revisionsverfahren von Antoine Deltour vor dem Luxemburger (Revisions-)Gericht. Gegen das skandalöse Urteil nicht in ehrlicher Absichtgehandelt zu haben, war der LuxLeaks Whistleblower in Revision gegangen.

Das bevorstehende Revisionsurteil kommentiert Sven Giegold, der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament:

„Es ist eine Farce, dass das Luxemburger Berufungsgericht den Whistleblower im März 2017 vom Geheimnisverrat frei sprach, seine Absichten jedoch anzweifelt. Wenngleich das Revisionsverfahren Antoine Deltours lediglich die Auslegung des Luxemburger Gerichts in Frage stellt, steht außer Frage, dass Whistleblower für ihren Einsatz für das Gemeinwohl einen Freispruch und Schutz verdienen. Es ist unverständlich, Whistleblower nicht nach dem überragenden öffentlichen Interesse ihres Handelns zu beurteilen. Das Gericht fordert stattdessen reine Absichten von Whistleblowern, was angesichts des aufgedeckten
Steuerdumpings völlig unangemessen ist. Wer Milliardenschäden am Gemeinwohl abwendet, darf nicht bestraft werden, weil im Moment der Datenbeschaffung möglicherweise auch andere Motive bestanden haben. Es ist ein großer Verdienst Deltours dass er die jahrelange systematische Verletzung europäischen Steuer- und Wettbewerbsrechts beendet hat. Das
Luxemburger Berufungsgericht versteckte sich hinter der Aussage geltendes Recht des Europäischens Gerichtshofs für Menschenrechte anzuwenden. Jetzt ist es Zeit, Zivilcourage einen neuen Stellenwert zu geben, statt sie anzuzweifeln.

Der Fall Deltour zeigt beispielhaft, warum wir unverzüglich einen wirksamen Schutz von Whistleblowern brauchen. Bis heute hat Luxemburg keine Reform des Schutzes von Hinweisgebern vorgelegt. Versprechungen der Regierung ruhen derweil. Immer noch fehlt es an einem Schutz für Whistleblower aus dem privaten Sektor. Auch in Deutschland ist ein
umfassendes Whistleblower-Schutzgesetz überfällig. Die EU-Kommission hat immerhin nach jahrelangem Druck einen Gesetzentwurf für das nächste Jahr angekündigt. Wir werden nicht ruhen, bis Whistleblower überall in Europa wirksam geschützt sind.“

Hintergrund

Der ehemalige Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC hatte gemeinsam mit Raphaël Halet und dem Journalisten Edouard Perrin 2014 den sogenannten Luxleaks-Skandal aufgedeckt. Erst das Bekanntwerden von Steuerabsprachen Luxemburgs mit hunderten Unternehmen bewog die Europäische Kommission und Mitgliedstaaten dazu, den Kampf gegen Steuerdumping endlich anzugehen. Das Urteil des Luxemburger Berufungsgerichts am 15. März 2017 gegen Deltour lautete sechs Monate auf Bewährung und 1000 Euro Geldstrafe. Vom Anklagepunkt des Geheimverrats wurde Deltour freigesprochen. Scheitert der Einspruch vor dem Luxemburger Revisionsgericht, bleibt Deltour der Weg vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Weitere Informationen finden sich auf der Seite von Sven Giegold

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