Bundesregierung sträubt sich gegen Whistleblowerschutz

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Die Fakten liegen klar auf der Hand: die meisten Unternehmen wollen nicht, dass Informationen über ihr unethisches, rechtswidriges oder gar kriminelles Handeln bekannt werden. Dies gilt bei Korruption, Pflegemissständen, Verstößen gegen Umweltauflagen, Waffenexporten, bei Banken, Versicherungen, Pharmaunternehmen und bei Datenschutzverstößen genauso wie im Lebens- und Futtermittelrecht. Sektorale, an die Unternehmen gerichtete Meldepflichten, wie sie Ministerin Aigner jetzt als Reaktion auf den Dioxin-Skandal einführen und verschärfen will, helfen da nur wenig!
Andererseits gibt es wohl in jedem Betrieb auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich Anstand und Pflichtgefühl bewahrt haben, die nicht mitmachen wollen, wenn Rechtsbrüche oder unmoralische Aktivitäten vor ihren Augen ablaufen. Sie möchten gerne auspacken, aber sie wissen auch: derzeit gibt es niemanden, der sie schützt. Anonymes veröffentlichen ist gerade bei solch kritischen Informationen, die oft nur bei wenigen und auch keineswegs immer in Form von Dokumenten vorliegen, ebenfalls nur selten möglich. Also gilt: Wer auspackt, riskiert seinen Job! Und die Folge: Behörden und Gesellschaft erfahren von den Missständen erst, wenn das Kind längst im Brunnen liegt, große Schäden nicht mehr vermieden werden können.
Horst Seehofer, der Vorgänger und Parteichef von Frau Aigner, hatte daher bereits in seinem 10-Punkte-Aktionsplan anlässlich des Gammelfleischskandals völlig richtig gefordert: Informanten müssen besser geschützt werden. Der im Anschluss daran 2008 von drei Bundesministerien vorgelegte Gesetzesentwurf für einen neuen § 612a BGB wäre allerdings allenfalls noch ein kleines Schrittchen in diese Richtung gewesen. Selbst dieser scheiterte aber auf Drängen der Arbeitgeberverbände am Widerstand der CDU/CSU Bundestagsfraktion. Auch Miroslaw Strecker, der von Seehofer für seine Zivilcourage im Gammelfleischskandal mit einer Goldmedaille ausgezeichnete Lkw-Fahrer, verlor letztlich seinen Job.
Im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes will die Bundesregierung die Lage von Beschäftigten, die auf Datenschutzverstöße hinweisen, aktuell sogar noch weiter verschlechtern. So sollte nach §32 l Abs. 4 des Regierungsentwurfs aus dem Sommer 2010 eine Pflicht eingeführt werden, Datenschutzverstöße immer zuerst dem eigenen Arbeitgeber mitteilen zu müssen. Hiergegen hatten sich u.a. Whistleblower-Netzwerk e.V., zahlreiche Datenschutzbeauftragte, der DGB und zuletzt auch der Bundesrat gewandt. Sie alle hatten darauf verwiesen, dass eine solche Regelung kontraproduktiv wäre – da sie den Bock zum Gärtner machen würde – und gegen geltendes EU-Recht verstieße. Die Bundesregierung knickt jetzt teilweise ein. Statt ihren Vorschlag komplett zurückzunehmen oder gar eine positive Schutzregelung für Datenschutz-Whistleblower zu schaffen, will sie aber immer noch schwammige Voraussetzungen ins Gesetz bringen. Die Folge wäre, dass den Beschäftigten der Gang zu den Datenschutzbehörden gegen über dem jetzigen nationalen und EU-Recht erheblich erschwert würde.
Bürgerinnen und Bürger, die diese Politik für falsch halten, haben jetzt eine Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen für einen effektiven gesetzlichen Whistleblowerschutz. Whistleblower-Netzwerk ruft sie auf: Unterzeichnen Sie die derzeit beim Bundestag derzeit anhängige E-Petition „Gesetzliche Regelungen zum besseren Schutz von Whistleblowern“! Treten Sie in Kontakt zu ihren örtlichen Abgeordneten und fordern Sie auch von jenen, Whistleblower effktiv zu schützen.
Hierzu reichen rein arbeitsrechtliche, oder sektorale, nur auf Korruptionsbekämpfung oder Lebensmittelsicherheit ausgerichtete Regelungen nicht aus. Es ist im öffentlichen Interesse, dass Whistleblower in allen Bereichen Missstände und Gesetzesverstöße aufdecken können, ohne Angst vor Nachteilen haben zu müssen. Deutschland braucht Gesetze, die dies gewährleisten. Es darf nicht sein, dass Gerichte weiterhin die Loyalität zum Arbeitgeber über die Wahrung des Rechts und über Gemeinwohlinteressen stellen. Wenn sich dies nicht ändert, sind der nächste Skandal und das nächste Aktionsprogramm nur eine Frage der Zeit.

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