Buchbesprechung: Mobbing am Arbeitsplatz – Trainingsmanual für Psychotherapie und Beratung

Angeregt durch den Aufsatz des Diplom Psychologen Dr. Josef Schwickerath im vor kurzem besprochenen Werkbuch Mobbing, haben wir uns nunmehr dessen, gemeinsam mit seinem Kollegen Moritz Holz verfasstes, Trainingsmanual angesehen. Das Buch sammelt die Erfahrungen der Autoren aus 15 Jahren Arbeit mit Mobbingopfern.
Der Begriff Whistleblowing wird dabei leider nur an einer einzigen Stelle kurz definiert. Dennoch dürften sich Whistleblower, wenn sie sich in ambulante oder stationäre Psychologische Behandlung begeben, häufig ähnlichen Behandlungsmethoden gegenüber sehen, wie jenen die hier, als Teil eines mehrstufigen Behandlungsprozesses, beschrieben werden. Das weitgehend auch für Laien gut lesbare Buch sei daher all jenen Betroffenen, aber auch deren Angehörigen, empfohlen, die eine Psychotherapie erwägen oder auch die Methoden, die Ihnen gegenüber in einer Psychotherapie angewandt werden, in ihrer Systematik überprüfen oder besser verstehen wollen. Dieser selbstbestimmte Patient ist auch ganz im Sinne der Aussage der Autoren: “Transparenz in der Therapie ist eine Grundvoraussetzung”.
Grundtenor des Buches ist die Aussage, dass Mobbing krank macht (vor allem depressive aber auch somatische Störungen sind sehr häufig) und eigentlich einer Lösung bedarf, die an den Ursachen ansetzt, also z.B. der Kommunikation am Arbeitsplatz und alle Beteiligten einschließt, dass andererseits aber in einer Behandlung zumeist nur der einzelne Patient zur Verfügung steht, der sich vor allem als Mobbing-Opfer begreift. Jede auf diesen beschränkte Therapie kann daher nur dessen Handlungspotentiale ausloten und aktivieren, um so für diese Person – aber auch im finanziellen Interesse der Träger und der Gesellschaft – eine Verbesserung zu erreichen.
Größtes Problem dabei ist oft, dass der Patient zumindest anfänglich gerade umgekehrt nicht seine Eigenanteile ergründen oder sein Verhalten ändern will, sondern die Schuld bei den vermeintlichen Tätern sucht und von diesen Veränderungen einfordert.
Nach einer ausführlichen Diagnostik und Anamnese lässt sich der therapeutische Verlauf selbst, laut der Autoren, in vier Abschnitte untergliedern:
(1) Distanz schaffen
(2) Verstehen lernen
(3) Entscheiden
(4) Handeln
Diese bilden zugleich auch die Struktur des Buches.
In der ersten Phase geht es darum, dem Patienten zu ermöglichen, zumindest einen gewissen Abstand zu den Geschehnissen am Arbeitsplatz zu erlangen. Dies gelingt naturgemäß in einer stationären Vollzeittherapie am besten und kann dort auch noch mit einer zeitweiligen Herauslösung aus dem oft ebenfalls in Mitleidenschaft gezogenen familiären Umfeld kombiniert werden. Voraussetzung ist auch, dass der Patient am Anfang der Therapie ausreichend Gelegenheit erhält seine Sicht der Dinge zu schildern und dabei auch eine grundsätzlich verständnisvolle Reaktion stößt. Hierbei und auch im späteren Therapieverlauf kommen dabei Einzel- und Gruppentherapie kombiniert zum Einsatz. Die Schaffung von Distanz wird auch durch Freizeitaktivitäten, Sport und Entspannungsangebote begleitet.
In der zweiten Phase soll dem Patienten ein besseres Verständnis seiner Situation ermöglicht werden. Hierzu dienen z.B. Gespräche mit Mitpatienten aber auch die Darstellung von Kommunikationsmodellen wie z.B. jenes von Friedemann Schulz von Thun. Behutsam wird dabei auch der Blick auf die Eigenanteile des Patienten gelenkt.
Phase drei soll dem Patienten ermöglichen ein ganz persönliches Motto zu entwickeln und zu entscheiden, welchen weiteren Weg er insbesondere im Verhältnis zu seinem Arbeitsplatz und den Kollegen er gehen möchte. Unterstützend werden hier Entscheidungstechniken vermittelt. Wobei hier, wie auch bei allen anderen Angeboten, kein Standardprogramm abgespielt werden sollte, sondern jeweils die für den konkreten Patienten am besten passenden Angebote gemacht werden sollen.
In der letzten Phase geht es sodann darum, den Patienten zu ertüchtigen, seine Entscheidung auch in die Tat umsetzen zu können. Hierbei stehen konkrete Abklärungen und Unterstützungen (z.B. durch das Erlernen von Techniken zur Abgrenzung oder zum Umgang mit Kritik) aber auch das Vermitteln und Ausprobieren von Handlungsmglichkeiten z.B. in Rollenspielen im Mittelpunkt.
Abschließend schildern die Autoren noch einige Fallgeschichten wobei unter Einbeziehung von Evaluationsdaten auch deutlich wird, dass die hier vorgestellte Therapie kein Allheilmittel ist und auch zu Entscheidungen führen kann die unbefriedigend bleiben oder im nachhinein von den Betroffenen sogar als falsch angesehen werden. Dies gilt gerade dort, wo der Betroffene auf den Arbeitsplatz angewiesen ist und dort systematische Ausgrenzung betrieben wird. Letzteres ist gerade gegenüber Whistleblowern leider keine Seltenheit.
Schwickerath, Josef; Holz, Moritz: Mobbing am Arbeitsplatz — Trainingsmanual für Psychotherapie und Beratung; ISBN: 978-3-621-27936-9; 2012.

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