Ist das Modell Ombudsmann / Ombudsfrau für Whistleblower geplatzt?

Urteil des LG Bochum v. 16. März 2016 verweigert Ombudsleuten als Rechtsanwälte den Beschlagnahme- und Durchsuchungsschutz

Weil es in Deutschland so gut wie keine Whistleblowerschutz-Regelungen gibt, haben sich auf Qualität und Effizienz bedachte Unternehmen, Behörden und andere Institutionen andere (Behelfs)Modalitäten einfallen lassen: anonyme Hotlines oder das Einschalten von Ombudsleuten.

Letztere konnten – bisher – als Vertrauenspersonen zwischen Whistleblowern und betroffenen Institutionen agieren und Hinweisen nachgehen – ohne von dritter Seite dabei gestört zu werden oder ihre Informationen en Detail preisgeben zu müssen. Im Vordergrund steht immer das Ziel, Hinweise auf Fehlverhalten usw. zu überprüfen, um Misständen abzuhelfen bzw. Änderungen, Verbesserungen etc. initiieren zu können.

Wie auf der Handelsblatt-Jahrestagung „Compliance“ im September 2016 in Düsseldorf bekannt wurde, hat erstmals ein Gericht, konkret das LG Bochum (Az: II – 6 Qs 1/16 bzw. AG Bochum 64 Gs 3902/15) in einem entsprechenden Urteil einer Rechtsanwältin, die als Ombudsfrau fungierte, das Berufsgeheimnisprivileg bzw. den entsprechenden Schutz abgesprochen. Begründung: Das in § 97 Absatz I Satz Nr. 3 StPO verbürgte Zeugnisverweigerungsrecht gelte nicht für Ombudsleute, weil sich dies nur auf das Verhältnis Beschuldigter bzw. Angeklagter und seinen Verteidiger beziehe. Zwischen einem Hinweisgeber jedoch und einem selbst als Rechtsanwalt fungierendem Ombudsmenschen gäbe es diese „schutzwürdige Vertrauensbeziehung“ nicht. Und im übrigen auch kein Mandat.

Hintergrund: In einem Unternehmen hatte ein Whistleblower von diesem Modell Gebrauch gemacht und eine Anzeige gegen den Geschäftsführer wegen Korruption und Untreue übermittelt. Die Ombudsfrau (Rechtsanwältin) hatte daraufhin Auszüge aus der Strafanzeige der „Integritätsbeauftragten“ des Unternehmens per Email zugeleitet. Die wiederum informierte den Beschuldigten, der seinerseits die Staatsanwaltschaft einschaltete. Zweck: den vollständigen Inhalt der Strafanzeige, der bisher nur bei der Ombudsfrau lag, zu kennen. Die Quelle aufzuspüren war nach unseren bisherigen Recherchen offenbar nicht Ziel der Staatsanwaltschaft – der „anonyme Hinweisgeber ist … nicht Beschuldigter, sondern kommt lediglich als Zeuge in Betracht.“

Daraufhin durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Diensträume der Anwältin, die ihrerseits Beschwerde einlegte. Ohne Erfolg – das LG Bochum bestätigte das Vorgehen des Amtsgerichts und dessen Begründung. Da es um einen Tatverdacht mit einem Untreueschaden in Millionenhöhe ging, akzeptierten die Richter das Vorgehen auch als verhältnismäßig“.

Dieser Auslegung des § 97 und den darin kodifizierten Schutzregelungen für Rechtsanwälte durch die beiden Gerichte wird bereits deutlich widersprochen, so z.B. auf der Site www.wirtschaftsrecht.de. Außerdem gibt es eine unmissverständliche Interpretation der fraglichen Rechtsvorschrift zum § 97 StPO in der Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik.

Nun bleibt die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten. Besser wäre es, wenn sich die Politik selbst zu einer gesetzgeberischen Klarstellung durchringen könnte.

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