Buchbesprechung: Imbach Haumüller, Whistleblowing in der Schweiz und international

Eine neue juristische Promotion, diesmal aus der Schweiz. Die Autorin stellt die Rechtslage für Whistleblowing im privaten und öffentlichen Sektor in der Schweiz dar und setzt diese in den internationalen Kontext. Kontinentaleuropa kommt dabei recht kurz weg. Die Situation in Deutschland wird unter Verweis auf die im Vergleich zur Schweiz höheren allgemeinen Kündigungsschutzregelungen wohl zu positiv beurteilt. Den Focus ihres Vergleichs legt die Autorin aber ohnehin eher auf Whistleblowingregelungen in GB, USA, Australien und Japan.
Bei all dem zeigt sich für die Schweiz ein gemischtes Bild. Positiv eingestuft werden die seit dem 1.1.2011 geltenden Neuerungen im öffentlichen Sektor durch Art. 22a und 14 Abs.1(d) BPG. Demnach besteht für Angestellte des Bundes nach Art. 22a Abs. 1 nunmehr eine Pflicht „alle von Amtes wegen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit festgestellt haben oder die ihnen gemeldet worden sind, den Strafverfolgungsbehörden, ihren Vorgesetzten oder der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) anzuzeigen.“ Andere Unregelmäßigkeiten können nach Abs. 4 der EFK gemeldet, wo zu es weiter heißt: „Die EFK klärt den Sachverhalt ab und trifft die notwendigen Massnahmen.“ Absatz 5 besagt: „Wer in guten Treuen eine Anzeige oder Meldung erstattet oder wer als Zeuge oder Zeugin ausgesagt hat, darf deswegen nicht in seiner beruflichen Stellung benachteiligt werden.“ und wird bekräftigt durch Art. 14 Abs.1(d) BPG. Jener ist auch mit Blick auf seine Beweislastverteilung sehr interessant und besagt in etwa: Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb von 30 Tagen nach Kündigung gegenüber seinem Arbeitgeber glaubhaft macht, dass er entgegen Art. 22 Abs. 5 gekündigt wurde, so muss der Arbeitgeber ein Rechtsmittel einlegen um bei einer Beschwerdeinstanz ggfls. die Gültigkeit der Kündigung nachweisen und feststellen zu lassen. Ansonsten muss der Whistleblower weiterbeschäftigt werden (oder wird in Ausnahmefällen gem. Art. 19 Abs. 3 BPG entschädigt).
Dort, wo es wie im Privatrecht keine besonderen Bestimmungen gibt, steht es in der Schweiz allerdings noch schlechter um Whistleblower als in Deutschland. Für die Zulässigkeit eines Whistleblowings gelten hier wohl ähnliche Stufenfolge und Abwägungsgrundsätze mit ähnlichen Unsicherheiten wie bei der deutschen BAG-Rechtsprechung. Gravierend wirkt sich dann aber aus, dass selbst bei einem rechtmäßigen Whistleblowing – aufgrund der generellen Regelungen im schweizer Arbeitsrecht – kein Kündigungsaufhebungsschutz sondern nur ein Abfindungsanspruch besteht und dieser noch dazu auf maximal 6 Monatsgehälter begrenzt ist.
Die Autorin stellt die hierzu seit längerem diskutierten Änderungsvorschläge vor und deutet an, dass es zu einer gesetzlichen Normierung des Whistleblowings auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung und zu einer Ausweitung des Abfindungsanspruches auf maximal 12 Monatsgehälter kommen könnte. Beides sieht sie aber als unzureichend an.
Interessant für die Diskussion in Deutschland ist die Promotion auch angesichts der Tatsache, dass, die als Rechtsanwältin tätige Autorin, immer wieder auch den Blick auf die Beweisprobleme lenkt, denen Whistleblower sich regelmäßig gegenübersehen. Whistleblowerschutz muss halt auch in der Praxis funktionieren.
Den Abschluss der flüssig geschriebenen und sehr informativen Arbeit, bildet ein Blick auf die internen Hinweisgebersysteme in der privaten Wirtschaft. Unter Verweis auf die bisher zurückhaltende Praxis in der Schweiz und die Situation insbesondere im US- und australischen Recht, werden dabei Anforderungen an solche Systeme herausgearbeitet. Die Autorin entwirft sogar ein eigenes Muster-Whistleblower-Reglement, dass sich an den bereits aus den Jahren 2003 und 2004 stammenden Empfehlungen von Standards Australia (AS 8004-2003) orientiert. Die dabei gemachten Vorschläge könnten, in Ergänzung zur BSI-Recommendation und zum Gestaltungsraster unserer für die Böckler Stiftung erstellten Studie. sicherlich auch für deutsche Unternehmen, die Hinweisgebersysteme implementieren wollen, hilfreich sein, wobei in Deutschland aber die Aspekte Datenschutz und Beteiligung der Arbeitnehmervertretung stärkere Beachtung benötigen.
Imbach Haumüller, Diana: Whistleblowing in der Schweiz und im internationalen Vergleich — ein Bestandteil einer effektiven internen Kontrolle?; ISBN: 978-3-7255-6420-0; 2011

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