Österreich: Whistleblowing im Strafvollzug führt zu Haftstrafe

Whistleblowing ist davon geprägt, dass jemand in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einer Organisation steht durch welches seine freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden und Druck auf ihn ausgeübt werden kann. Je stärker dieses Abhängigkeits- und Druckverhältnis ist, desto nachteiliger können die Folgen für den Whistleblower sein. In Österreich und in Deutschland sind sowohl das Briefgeheimnis als auch die Meinungsfreiheit von Strafgefangenen starken Einschränkungen ausgesetzt. Welche Folgen dies für einen Whistleblower haben kann, zeigt der Fall von Johann B. der sein Whistleblowing aus dem Strafvollzug mit einer zusätzlichen Haftstrafe von 14 Monaten bezahlen musste.

Wie Heise unter Berufung auf profil.at berichtet, war der Hintergrund der Geschichte, dass dem österreichischen Justizministerium die Personendaten von 8.500 Häftlingen abhanden kamen, was sich bei Bekanntwerden auf die Ressozialisierungschancen der Betroffenen nicht gerade vorteilhaft auswirken und diese auf Lebenszeit dem Risiko eines „outings“ aussetzen dürfte. Ein Justitzbeamter hatte die Daten ganz einfach aus dem EDV-System auf einen USB-Stick geladen und jenen einem wegen Betruges veruteilten Gefangenen überlassen. Weiter heißt es bei profil.at:

Dass der Fall überhaupt aktenkundig wurde und der Staatsanwalt die obige Anklageschrift wegen Amtsmissbrauch formulieren konnte, ist das Verdienst eines anderen Häftlings, Johann B.* Dieser organisierte sich den USB-Stick und ließ ihn über einen Anwalt nachweislich dem Jus­tizministerium übergeben.

Der Mittelsmann war alles andere als ein bequemer Häftling. Unzählige Briefe schrieb er aus der Haft und prangerte Miss­stände an. Aufgrund seines Auftretens und seiner Diktion schenkte ihm niemand Glauben. Erst als der Daten-Stick im Minis­terium vorlag, nahm man ihn ernst. Das Justizministerium bedankte sich, schaltete die Staatsanwaltschaft ein, und die klagte – wie zitiert – alle drei Beteiligten an. Das Urteil: acht Monate bedingt für den Justiz­wachebeamten, zehn Monate unbedingt für seinen Verbündeten. Beide rechtfertigten sich damit, Johann B. hätte sie dazu angestiftet, die Daten zu organisieren, um sie angeblich „irgendeiner amerikanischen Hilfsorganisation“ zukommen zu lassen, die finanziell bedürftige Häftlinge unterstütze. Mehr wüssten sie nicht. Die höchste Strafe, nämlich 14 Monate unbedingt, fasste trotz glaubwürdigster Aussage somit der Aufdecker selbst aus. Und das, obwohl selbst der Staatsanwalt in seiner Anklageschrift dokumentierte, dass die Sache erst durch B. ins Rollen gekommen war. …

Für ganz übergeschnappt dürfte man B. dennoch nicht gehalten haben. Denn einer seiner frühen Briefe an die damalige Grün-Abgeordnete und heutige Volksanwältin Terezija Stoisits über Daten-Indiskretionen wurde vom Ministerium zurückgehalten, wie ein Aktenvermerk belegt. Ein beherzter Justizwachebeamter hielt fest: „Von der ho. Anstaltsleitung wurde ich dahingehend informiert, dass der oa. Brief lt. Anordnung von Sektionschef Dr. Neider, per Telefonat vom 13.1.2005, nicht abgeschickt werden soll. Der Brief soll zurückbehalten werden.“ Von profil konfrontiert, rechtfertigt sich Neider, mittlerweile pensioniert, so: „Wenn es um die innere Sicherheit der Justizanstalt geht, soll das nicht an die Öffentlichkeit dringen. Was kann die arme Frau Abgeordnete dafür, dass da jemand so einen Blödsinn zusammenschreibt.“ Aufgrund der Angaben im Brief hätte Stoisits die Polizei verständigen müssen. „Und da wir selber Exekutive sind, regeln wir so was selbst“, so Neider wörtlich.“

Johann B. ist immer noch in Haft!

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