Strafanzeige gegen den Arbeitgeber als Kündigungsgrund

In gleich drei Blogbeiträgen der letzten Tage hat 37.6-Blog auf Schlüsselentscheidungen der Rechtsprechung (Bundesverfassungsgericht vom 2.7.2001 – 1 BvR 2049/00, Bundesarbeitsgericht vom 3.7.2003 – 2 AZR 235/02 und vom 7.12.2006, 2 AZR 400/05) zu der Frage hingewiesen, ob der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber anzeigen darf, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass letzterer Straftaten begeht, oder ob dies eine außerordentliche Kündigung wegen der Störung des Betriebsfriedens rechtfertigen kann.

Beschluß des BVerfG, 1 BvR 2049/00 vom 2.7.2001
Zeugenaussagen im Strafverfahren sind eine Bürgerpflicht, daher gebietet Rechtsstaatsprinzip dass daran keine Sanktionen geknüpft werden dürfen, dies gilt auch dann wenn die Aussagen freiwillig erfolgen. Dies war eine Schlüsselentscheidung die, obwohl sie keine Strafanzeige sondern eine Zeugenaussage betraf, die bis dahin vorherrschende Rechtsprechung verändern sollte.

Urteil des BAG, 2 AZR 235/02 vom 3.7.2003

Hier ging es um eine anonyme Strafanzeige gegen Mitarbeiter und das BAG verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an die Vorinstanz zurück. Wie zuvor das BVerfG stützte sich nun auch das BAG auf das Rechtsstaatsprinzip (und Art. 17 GG aber nicht Art. 5 GG da hier anonym), verlangt aber eine Abwägung im Einzelfall mit Art. 12 GG (Geheimnisschutz / Rücksichtnahmepflicht). Außerdem wurde die grundsätzliche Notwendigkeit zur internen Vorinformation betont wenn diese Erfolgsaussichten haben könnte. Eine Anzeige ohne interne Vorinformation kann unverhältnismäßige Reaktion sein und dann auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Urteil des BAG, 2 AZR 400/05 vom 7.12.2006

Hier ging es um eine erfolgreiche Strafanzeige gegen den Chef auf die die Kündigung folgte. Das BAG erklärte die Kündigung für rechtswidrig da hier eine interne Klärung bei Chef nicht zumutbar und die Reaktion somit verhältnismäßig war. Eine Besonderheit war aber auch noch, dass der Anzeigende hier auch selbst Opfer der Straftat war.

Es bleibt zu hoffen, dass die letztgenannte Entscheidung durch weitere Rechtsprechung bestätigt und gefestigt wird. Für Whistleblower ist aber zu beachten, dass all dies nur für Anzeigen an die Staatsanwaltschaft durch Mitarbeiter privater Unternehmen gilt und keineswegs mit einem Gang an die Öffentlichkeit gleichzusetzen ist. Außerdem wird diese Rechtsprechung wohl nur dazu führen, dass die Arbeitgeber, die in den hier entschiedenen Fällen den wahren Kündigungsgrund in der Kündigung genannt haben, dies in Zukunft verschleiern werden, was dem Whistleblower erhebliche Beweisprobleme verschaffen dürfte.

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