NRW-Parteien zum Thema Whistleblowing

Im Blogbeitrag vom 16.04.2012 hatten wir darüber berichtet, dass wir an sechs NRW-Parteien im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl Fragen zum Thema Whistleblowing gerichtet haben. Wir hatten um Antworten bis zum 30.04.2012 gebeten. Bis heute liegen uns Antworten von vier Parteien vor, die wir unseren Leserinnen und Lesern nachfolgend im Format zugänglich machen: SPD, CDU, Bündnis90/Die Grünen, FDP.
Die Intensität der Auseinandersetzung der Parteien mit unseren Fragen war dabei höchst unterschiedlich. Während die CDU (deren Bundestagsfraktion laut aktueller Bestätigung gegenüber Whistleblower-Netzwerk e.V. auch nach der Bundestagsanhörung vom März keinen Bedarf für eine gesetzliche Regelung sieht) sich gar nicht mit unseren Fragen befasst, sondern im Hinblick auf die Kürze des Wahlkampfes uns nur ihren Wahlaufruf zugeschickt hat, hat die FDP sich wenigstens die Mühe gemacht auf frühere spezifische Aussagen und Texte zum Thema Whistleblowing zu verweisen. Letztere beinhalteten eine Überraschung. Die Aussagen „Es muss weiterhin eine umfassende Regelung für alle Arbeits- und Dienstverhältnisse angestrebt werden. Dabei sollte eine einschränkungslose Wahlmöglichkeit bestehen, ob sich ein Hinweisgeber primär an interne oder externe Stellen wendet“ begrüßen wir sehr, allerdings entsprechen diese ganz und gar nicht jenen, die die Vertreter der FDP und der Bundesregierung auf Bundesebene bisher abgegeben haben. Auf das Angebot „Die FDP in Nordrhein-Westfalen wird das Thema „ausreichender gesetzlicher Schutz für Whistleblower“ weiter verfolgen und sich auch künftig gerne mit Ihrem Netzwerk dazu austauschen“ werden wir also nach den Wahlen, falls die FDP den Einzug in den Landtag schaffen sollte, sicherlich zurückkommen.
Ausführliche Antworten auf alle Fragen bekamen wir sowohl von der SPD als auch von den Grünen. Hierfür sei jenen Parteien auch an dieser Stelle herzlich gedankt. Wir laden alle Leserinnen und Leser ein sich diese Antworten im Detail anzusehen und sich eine eigene Meinung hierzu zu bilden. Hinweisen möchten wir an dieser Stelle lediglich auf das was uns besonders aufgefallen ist:
Beide Parteien verweisen zunächst auf ihre aktuellen Gesetzesinitiativen auf Bundesebene mit der beide Parteien eine Verbesserung der Rechtsstellung von Whistleblowern fordern. Bemerkenswert an der Antwort der NRW-SPD ist dabei die Aussage zur Frage des Handlungsbedarfs im Beamtenrecht. Dort heißt es: „Wird der vorliegende Entwurf der SPD-Bundestagsfraktion Gesetz, wäre eine entsprechende Anpassung der statusrechtlichen Bestimmungen in §37 BeamtStG durch den Bund folgerichtig.“ Durch diese Ansicht sehen wir unsere Auffassung bestätigt, dass Whistleblowing-Regelungen für alle Beschäftigten inklusive Beamten weitgehend identisch sein sollten. Wir hoffen, dass die Bundes-SPD ihren Gesetzesentwurf, der bisher Beamte gerade nicht erfasst, noch entsprechend nachbessern bzw. ergänzen wird. Der Entwurf der Grünen sieht diese weitgehende Gleichstellung ohnehin bereits vor, worauf auch in der Stellungnahme der NRW-Grünen verwiesen wird.
Was die möglichen Aktivitäten zum Whistleblowerschutz auf Landesebene angeht, so zeigt sich die NRW-SPD deutlich zurückhaltender als die NRW-Grünen. Erstere sehen vor allem den Bund in der Pflicht bzw. darüber hinaus keinen Handlungsbedarf. Letztere „beabsichtigen u.a. die Schaffung einer Meldestelle für anonyme Hinweise nach dem Vorbild des LKA Niedersachsen“ (was die SPD explizit ablehnt), wollen die Ergebnisse der Loveparade auch unter dem Aspekt auswerten, „dass Hinweise auf mögliche Gefahrensituationen und Rechtsverstöße künftig rechtzeitig gehört und beachtet werden können“, wollen in einem dialogischen Verfahren mit Beschäftigten und der Zivilgesellschaft „im Rahmen der anstehenden Dienstrechtsreform landesrechtliche Spielräume für den Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern“ prüfen und „eine Aufklärungskampagne zum Thema Whistleblowing durchführen, mit der die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Nordrhein- Westfalen hierfür sensibilisiert werden und ihre Rechte und Möglichkeiten kennen lernen sollen“.
Während die SPD keinen Bedarf für einen Ombudsmann für Beschwerden über Verwaltungshandeln sieht wollen die Grünen auch hier prüfen. Beide sehen die Bedeutung der Bildungs- und Kulturpolitik für eine höhere gesellschaftliche Aktzeptanz von Whistleblowing, wobei die SPD sehr knapp antwortet und die Grünen auf die Selbstverantwortung der Akteure im Bildungsbereich verweisen. Im Punkt „unabhängige Ermittler“ verweisen beide Parteien auf die bestehenden Strukturen ohne diese kritisch zu hinterfragen und etwa auf die Vorschläge der Neuen Richtervereinigung oder des deutschen Richterbundes zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz einzugehen. Gescheiterte bzw. -geschädigte Whistleblower aus der Landesverwaltung verweist die SPD auf den Rechtsweg, die Grünen wollen auch hier „prüfen, welche Fälle der Vergangenheit aufgearbeitet werden müssen und wie diese Aufarbeitung – auch für die individuell Betroffenen – idealerweise aussehen kann“.
Beim Thema Mobbing verweisen SPD und Grüne auf die bereit seit einigen Jahren bestehende „Mobbingline-NRW„, welche bei Bedarf an medizinische, psychologische oder rechtsberatende Einrichtungen weitervermittelt. Unterschiede in den Positionen beider potentieller Koalitionspartner werden schließlich auch beim Thema Informationsfreiheit deutlich. Die NRW-SPD hält die bestehenden Rahmenbedingungen für ausreichend, während die NRW-Grünen das Informationsfreiheitsgesetz NRW zu einem Transparenzgesetz weiterentwickeln wollen und für ein Open Data-Portal des Landes eintreten.
PS: Von der Linkspartei und den Piraten haben wir leider immer noch keine Antworten auf unsere Anfrage erhalten. Während sich im Landeswahlprogramm der Linkspartei keine Aussagen zu Whistleblowing finden, gibt es im Landeswahlprogramm der Piraten aber immerhin einen eigenen Abschnitt dazu.

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